Steinheim (red). Seit Mitte Januar erforscht ein Ausgrabungsteam, fachlich begleitet vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), ein Areal im historischen Zentrum von Steinheim (Kreis Höxter). Nur 70 Meter westlich der Kirche St. Marien, an deren Stelle bereits im 9. Und 10. Jahrhundert eine erste steinerne Saalkirche stand, konnten die Fachleute nun Überreste einer städtischen Bebauung untersuchen, die bis ins Mittelalter zurückreichen. Die Expert:innen schätzen die Ergebnisse als "wertvolle Quellen für die Stadtgeschichte" ein.
"Anlass für die Grabung in der Marktstraße 7 bis 13 war ein für Steinheim bedeutsames Mehrgenerationenprojekt, das als Teil des sogenannten Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes derzeit mit beträchtlicher finanzieller Unterstützung durch das Land NRW umgesetzt wird," so Eberhard Fischer, Leiter der Unteren Denkmalbehörde, der den Umgang mit dem dort vermuteten Bodendenkmal frühzeitig mit der LWL-Archäologie für Westfalen abgestimmt hatte.
Das Areal liegt im historischen Zentrum von Steinheim. Der Ort wurde 1275 zur Stadt erhoben. Ab dieser Zeit war eine dichte städtische Bebauung innerhalb der neu errichteten Stadtmauer zu erwarten. Dies gilt insbesondere auf dem betreffenden Grundstück in unmittelbarer Nähe zum Markt und zum Rathaus.
Obwohl bereits auf dem vorderen Grundstücksteil zum Markt seit den 1960er Jahren durchgängig tiefreichende Keller errichtet wurden, bot der rückwärtige Bereich des Hauses Marktstraße 11 dem Grabungsteam unter Leitung der Archäologin Marianne Moser Überraschungen: Beim Wegbaggern der oberen Schuttschichten zeigten sich gut erhaltene Bruchsteinmauern. Nachdem die Ausgräber:innen die Mauern freigelegt hatten, entstand das deutliche Bild von Grundmauern eines Fachwerkhauses. Anhand der Keramik können die ältesten Bebauungsspuren bis ins 13. und 14. Jahrhundert und damit in die Frühzeit der mittelalterlichen Stadt zurückverfolgt werden.
Die nun freigelegten, Fundamente boten eine gute Grundlage für ein 10,40 Meter breites und mindestens 4,65 Meter langes Fachwerkhaus. Der komplett erfasste hintere Gebäudeteil ist vollständig unterkellert. Das gesamte Gebäude gehörte zuletzt zum ehemals weit in Richtung Petersilienplatz reichenden landwirtschaftlichen Anwesen "Lödige".
Das Grabungsteam wies zwei Kellerräume nach, die Mauern aus mit Lehm verfugten Bruchsteinen besaßen. Deutlich ist eine Zwischenmauer zu sehen, die nachträglich versetzt wurde und von Umbauten zeugt. "Diese Baumaßnahmen belegen die Nachhaltigkeit, weil die Bürger, welche die Keller mehrfach umgestalteten, bis zum Abriss des Fachwerkhauses in den 1960er Jahren in immer wieder veränderter Form nutzten", erklärt Ausgrabungsleiterin Moser. "Auch ein im Hof liegender Brunnen mit einem Kranz aus Bruchsteinen wurde erst im 20. Jahrhundert verfüllt", so Moser weiter.
Auch wenn die Grabung noch nicht abgeschlossen ist und die Funde noch auf ihre Auswertung warten, werde schon jetzt deutlich, dass die im Boden verbliebenen Überreste wertvolle Quellen für die Stadtgeschichte darstellen. Teilweise warteten sie Jahrhunderte auf ihre Entdeckung. "Noch sind viele Fragen zum Werden der mittelalterlichen Stadt Steinheim gerade für die Frühzeit ungeklärt. Hier bietet die Archäologie die Möglichkeit, die Aussagen aus den spärlichen erhaltenen Schriftquellen zu ergänzen," erläutert Dr. Sven Spiong, Leiter der Bielefelder LWL-Archäologie für Westfalen, der die Grabung fachlich begleitet. Hier habe sich das vermutete Bodendenkmal auf einem zentral gelegenen Grundstück in der historischen Innenstadt wieder einmal eindrücklich bestätigt.
Foto: LWL-AfW/S. Spiong