Steinheim (jg). Auf dem Rücken des Pferdes nach Rolfzen, um leckere Pommes zu essen oder im Schlafanzug am frühen Morgen im Stall stehend, um die Pferde zu füttern – was nach einer Bilderbuchgeschichte klingt, hat Ann-Kathrin von Kanne in ihrer Jugendzeit erleben dürfen. „Wir hatten eine traumhafte Kindheit“, schwelgt von Kanne in schönen Erinnerungen, als sie der freie Journalist Jörn George im Rahmen der Serie „Auf einen Kaffee mit…“ für Steinheim News auf Gut Breitenhaupt trifft, um mehr über das Leben dieser Frau zu erfahren.
„In der Grundschulzeit sind meine Schwester und ich sonntags morgens im Schlafanzug in den Stall, haben die Pferde gesattelt, um dann Freundinnen in Steinheim zu besuchen“, führt von Kanne weiter aus und gibt schmunzelnd zu: „Bereits mein Grundschullehrer sagte zu meiner Mutter, ihre Tochter ist permanent mit den Gedanken bei den Pferden, nicht jedoch beim Unterricht.“
Gut Breitenhaupt ebnet Ann-Kathrin von Kanne den Weg
Idyllisch gelegen präsentiert sich Gut Breitenhaupt rund drei Kilometer östlich von Steinheim. In der gemütlichen Großraumküche des 1850 erbauten Herrenhauses spricht von Kanne bei wohlduftendem Kaffee über ihre Kinderjahre, die sportliche Karriere und einen Schicksalsschlag, der der jungen Frau vieles abgefordert hat.
Die 1982 geborene von Kanne lebt seit ihrer Geburt auf dem Gut. „Gut Breitenhaupt war bis zu dem Zeitpunkt, als meine Mutter auf den Hof eingeheirate, ein reiner landwirtschaftlicher Betrieb mit den typischen Tieren, jedoch ohne Pferde“, beginnt von Kanne zu erzählen. „Als mein Vater und meine Mutter heirateten, erhielt sie als Hochzeitsgeschenk ihr eigenes Pferd“, führt sie weiter aus, „ziemlich romantisch.“
Dieses Geschenk ebnete den Weg einer langen Reise der von Kannes im Bereich Pferdesport. „Da Pferde nicht allein gehalten werden sollten, folgte dem Pferd meiner Mutter nach kurzer Zeit ein Haflinger“, erinnert sich von Kanne. Als die Kinder des Ehepaares klein waren, wurden zwei Ponys dazu geholt. „Und so rückten die Pferde und die Reiterei immer mehr in den Mittelpunkt. Es war der Beginn der eigenen Pferdezucht auf Gut Breitenhaupt“, so von Kanne, die sich noch gut an ihr erstes Pony erinnert: „Mein Pony ‚Julchen‘ konnte ich in den ersten fünf Jahren nicht alleine über den Hof führen, es war sehr wild.“
Gute Erinnerungen hat von Kanne auch noch an das damals sieben oder achtjährige Dressurpferd ihrer Mutter. „Im Heide-Urlaub sollte ich das Dressurpferd meiner Mutter bewegen, als die Erwachsenen Sehenswürdigkeiten angesehen haben. Ich habe dann heimlich Hindernisse aufgebaut und bin mit ihrem Dressurpferd gesprungen“, erklärt von Kanne und erklärt, „das gab einen kräftigen Anschiss.“ Dieser Rüffel hatte jedoch sein Gutes, denn fortan durfte die damals 10-Jährige mit dem unteren „E-Springen“ beginnen.
Mit nur 14 Jahren konnte Ann-Kathrin von Kanne ihr erstes „M-Springen“ gewinnen. Sehr früh sei dieses gewesen, erklärt sie. Doch so ganz begeistert zeigte sich Ann-Kathrin von Kanne’s Mutter über die Reiterei nicht, schließlich war ihre Tochter fast jedes Wochenende auf Turnieren oder Reitlehrgängen in der Region unterwegs, um Abzeichen zu absolvieren oder Podestplätze einzufahren. Auch ihr Vater hätte es lieber gesehen, wenn die Tochter sonntags den Weg in die Kirche gefunden hätte.
Mit 18 Jahren folgten weitere Erfolge. „Das Pferd meiner Mutter hatte sehr viel Potential, so dass die Qualität von Reiter und Pferd passte und eine erfolgreiche Hobby-Karriere möglich wurde“, so von Kanne. Mittlerweile hat sie 19 S-Springen gewonnen, sowie ein zwei Sterne S-Springen und bei dem drei Sterne S-Springen hat sie den 5. Platz belegt. Somit wurde ihr das goldene Reitabzeichen überreicht. Das goldene Reitabzeichen ist die höchste Auszeichnung im Hobbyreitsport. Als ehrgeizige und passionierte Reiterin machte sich von Kanne weit über die Kreis- und Landesgrenzen einen Namen und man kennt sie noch heute!
Schicksalsschlag und Sprung ins „kalte Wasser“
„Meine Eltern haben sich hinreißen lassen, dass ich eine Pferdewirtin-Ausbildung machen durfte, dazu eine 2-jährige Reiterlehre in Coesfeld“, erklärt von Kanne. Dass es im Pferdesport am Ende nicht für den Sprung in die nationale Spitze gereicht hat, lag am fehlenden Background. Es folgte ein Studium der Agrarwissenschaften, denn Ann-Kathrin von Kanne wollte den Hof irgendwann weiterführen. Nur ein halbes Jahr nach ihrer Rückkehr auf das Gut musste die Familie den plötzlichen Tod des Vaters verkraften: „Er verstarb an einem Herzinfarkt in Afrika im Februar 2010.“
„Das war der bekannte Sprung ins kalte Wasser. Auf einmal stand ich vor einer riesigen Verantwortung“, führt von Kanne aus, „danach funktionierte ich erstmal nur. Ich habe einfach Gas gegeben und mich in die Materie eingearbeitet.“
An vielen Orten auf dem Hof und im Gebäude des Herrenhauses gehörten ihre Gedanken dem Vater. Öfter fragte sie sich, wie ihr Vater dies und das gemacht hätte, und ob sie alles richtig macht.
Doch dank der Hilfe einiger Berater und Weggefährten führt von Kanne den Betrieb nun seit ihrem 27. Lebensjahr und ist Gesellschafterin in der GmbH, gemeinsam mit Graf Metternich und von Donop. Seit Ann-Kathrin von Kanne den Betrieb führt, hat sich dieser sehr gut entwickelt. Ann-Kathrin von Kanne hat sich in dieser Tätigkeit nicht an den Schreibtisch zurückgezogen. „Im Sommer sitze ich auch Tag und Nacht auf dem Traktor und helfe bei der Ernte“, führt sie weiter aus und gibt mit einem Zwinkern zu verstehen: „Hier ist Manpower gefragt.“
Gut Breitenhof: Leben und Angebot
Ihre Mutter, die Diplom-Pädagogin ist, hat vor ca. 20 Jahren angefangen Kinderreiterferien hier auf Gut Breitenhaupt anzubieten. Begonnen hat es mit Ponys, dann folgten Pferde. „Sie hatte damals ihren Schuldienst aufgegeben und nur noch Reiterferien angeboten. Wir konnten uns vor Anfragen nicht retten“, zeigt sich von Kanne erfreut.
Mittlerweile wohnt die junge Reiterin mit ihrem Freund sowie der Mutter auf dem Hof. „Das Herrenhaus ist zur hälfte für die Ferienkinder geblockt sowie größere Räume für interne Veranstaltungen“, gibt von Kanne zu verstehen. Doch der Weg zum Leben auf dem Hof mit ihrem Freud sei kein leichter gewesen. „Mir war es immer wichtig, dass sich der Mann an meiner Seite voll und ganz mit meinem Leben identifiziert. Heißt: Er muss hier auf den Hof ziehen und für mich da sein. Dies ist mit meinem jetzigen Partner gelungen.“
Mit dem zum Gut gehörenden Forst, der 10 Hektar groß ist, führt Anna von Kanne ebenfalls ein Erbe des Vaters weiter. Bernd von Kanne war leidenschaftlicher Jäger und liebte es mit seinen Jagdfreunden im eigenem Revier anzusitzen oder Treibjagden durchzuführen. „Um diesem Erbe gerecht zu werden und die Jagd und den Forst nicht verkaufen oder verpachten zu müssen, machte ich schließlich meinen Jagdschein“, erklärt sie stolz. Bei der einmal im Jahr durchgeführten Jagd mit Freunden ihres Vaters kommt oft zur Sprache, dass Bernd von Kanne stolz auf seine Tochter wäre, wie sie alles gemeistert hätte. „Bei Lobeshymnen dieser Art kommen mir oft die Tränen“, fügt sie an.
„Mein Vater war ein sehr korrekter und gradliniger Mann der alten Schule. Er war immer konsequent, aber wir Kindern konnten ihn um den Finger wickeln“, erklärt von Kanne mit klimpernden Augen.
Wenn man Ann-Kathrin von Kanne nach ihren Wünsch in der Zukunft fragt, erklärt sie: „Das aufrecht erhalten, was ich ihr übergeben bekommen habe. Offen sein für neue Ideen und auf keinen Fall möchte ich betriebsblind werden. Ich möchte die besten Entscheidungen im Sinne des Betriebs treffen. Gut Breitenhaupt ist das wunderschönste Zuhause, was man sich vorstellen kann.“
Fotos: George & von Kanne